Im Spreewald kommt die Post auf dem Wasser 

Das Wetter wird wärmer, die Sonnen­stunden länger. Perfektes Wetter für den Start der Postsaison in Lübbenau im Spreewald. Dort stellt die 43-jährige Andrea Bunar Briefe und Pakete in der warmen Saison mit einem Kahn zu. Posttip war dabei. Eine Reportage von Antje Ritter.

Alles fing vor acht Jahren an. Andrea Bunar übernahm damals ab und zu die Ver­tretung von Jutta Pudenz. Diese stellte bis zu ihrem Ruhestand vor drei Jahren die Pakete per Kahn zu. Nun startet ihre Nachfolgerin in ihre dritte Kahnsaison. Der Aluminiumkahn für die Briefzustellung ist neun Meter lang. Die Schubstange, auch Rudel genannt, misst vier Meter Länge. Von April bis Oktober wird die Post über diesen Kahn an die Haushalte in Lübbenau-Lehde verteilt.

Zustellung folgt langer Tradition


Die Zustellung auf dem Wasser folgt einer 110 Jahre langen Tradition. Viele der nun zu versorgenden 65 Haushalte haben keinen direkten Zugang zum Festland. Daher bietet die Kahnzustellung eine optimale Lösung für die Anwohner. Denn diese haben häufig ihre Briefkästen direkt am Wasser. So muss Andrea Bunar nicht einmal ihren Kahn verlassen, um die Briefe in den Postkasten zu legen.

Die 43-jährige legt täglich acht Kilometer mit dem Kahn zurück. Vormittags stellt sie noch Pakete und Briefe mit dem Auto zu. Wenn diese Tour erledigt ist, steigt sie im Bootshaus in Lehde auf ihren Kahn, belädt ihn und schippert los. "Im Winter habe ich Muskeln in den Beinen, im Sommer kommen sie in den Armen", sagt Bunar lachend. Ihr Job macht ihr sichtlich Spaß. "Ich arbeite dort, wo andere Urlaub machen. Die Stille und die Natur auf dieser Route genieße ich sehr. Und die oft ausgelassenen Gespräche mit Kunden und den in den Kähnen vorbeifahrenden Spreewald­besucher machen mir großen Spaß", erzählt die Zu­stellerin. Bunar arbeitet inzwischen seit 28 Jahren bei der Deutschen Post.

Mobiler Postservice auf dem Wasser

Nach Angaben der Deutschen Post werden wöchentlich mit dem Kahn mehr als 600 Briefe und Karten und etwa 40 Pakete zugestellt. Auf der Tour selbst leert die Postbotin noch drei Briefkästen an Ausflugsgaststätten. Zudem können Kunden bei der Postbotin Briefmarken kaufen, Briefe als Einschreiben verschicken und Pakete aufgeben. Mithilfe eines mobilen Postservicegerätes kann Bunar direkt abrechnen. "In der Saison kaufen auch Touristen bei Frau Bunar Briefmarken für Urlaubskarten und geben ihr die frankierten Karten direkt zum Versand mit", erklärt die Pressesprecherin der Deutschen Post, Tina Birke.

Mit dem Kahn geht die Zustellerin versiert um. Ihre Vorgängerin brachte der gebürtigen Briesenerin das Kahnfahren bei. "Ich bin noch keinmal ins Wasser gefallen", sagt Bunar strahlend. "Die anderen Fährleute fragen mich schon immer, wann ich endlich mal meine Taufe bekomme", fügt die Zu­stellerin lachend hinzu. Dabei gab es schon knifflige Sendungen. So musste einmal eine Gartenhecke als auch eine Hollywoodschaukel per Kahn zugestellt werden. Auch das Ausbalancieren bei einer Windböe kann tückisch werden und den Kahn aus dem Gleichgewicht bringen. "Je mehr im Kahn drin ist, umso besser", erklärt Bunar. Dieser liegt durch das Gewicht tiefer im Wasser und ist damit stabiler im Umgang.

Man kennt und grüßt sich

Die Tour zum Saisonstart beginnt begleitetet von Journalisten und Foto­grafen am Gasthof Hirschwinkel. Dort steigt Bunar in den Kahn und startet mit ihrer täglichen Tour. Die Anwohner und vorbeifahrenden Kähne rufen beim Anblick von Bunar: "Ah die Postbotin kommt". Viele Touristen machen Fotos von der Kahnzustellerin, da diese Form der Auslieferung einmalig und etwas Besonderes in Deutschland ist. Muss ein Paket zugestellt werden, ruft die Zustellerin häufig einfach die Empfänger vom Wasser aus, wenn diese gerade im Garten sind. Diese holen dann ihr Paket ab. Ein wenig Plauderei folgt und weiter geht die Zustelltour.

Sonderstempel im Kahnmotiv

In einer Saison legt Andrea Bunar 1.100 Kilometer auf dem Wasser zurück. Nach Angaben der Deutschen Post entspricht dies einer Strecke von Berlin bis ins finnische Helsinki. Die Briefe kommen im Übrigen aus dem Zustell­zentrum in Cottbus. Die Pakete werden von der sächsischen Paketverteil­anlage Ottendorf/Okrilla nach Lehde gebracht.

Für Briefmarkenfreunde bietet die Post auch einen Sonderstempel mit dem Motiv der Kahnzustellung an. Interessierte können Vorlagen zum Stempeln an die Deutsche Post AG, Niederlassung Privatkunden/Filialen, Sonderstempel­stelle, Brief: 92627 Weiden; Fracht: Franz-Zebisch-Straße 15, 92637 Weiden schicken.

Eine Bildergalerie zur Kahnzustellung finden Sie hier.