Trotz des vereinbarten Mindestlohns zwischen der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und dem Arbeitgeberverband Postdienste, ist die Debatte um die Gehälter von Postdienstleistern noch nicht beendet. Der Verband gilt als dominiert von der Deutschen Post AG und damit nicht stellvertretend für die Unternehmen der Branche. Verhandlungen mit dem neuen Verband AGV lehnt ver.di bisher ab.
Erst kürzlich schloss sich ein Großteil der Postkonkurrenzunternehmen deshalb zu einem eigenen Arbeitgeberverband zusammen - dem „Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste e.V.“ (AGV). Diese Seite lehnt die ausgehandelten Mindestlöhne für Briefzusteller in Höhe von 8,00 Euro bis 9,80 Euro ab, sieht sich von den Tarifverhandlungen ausgeschlossen und kritisiert ver.dis Weigerung, erneut zu verhandeln (posttip.de berichtete).
Florian Gerster, Präsident des Verbandes, äußerte "Unverständnis" über die Absage von ver.di und versicherte: „Sollte sich ver.di noch anders entscheiden, bleiben wir selbstverständlich weiterhin gesprächsbereit.“ Der AGV argumentiert, dass die geschlossene Tarifvereinbarung einzig und allein dem Zweck diene, das zum Jahresende auslaufende Briefmonopol der Deutsche Post AG mit anderen Mitteln zu verlängern. Entscheidend ist, dass es hier um Gehälter gehe, die nur ein Monopolist zahlen könne. Auf dieser Grundlage sei kein fairer Wettbewerb möglich, so Gerster.
Ver.di Chef Frank Bsirske hingegen hält an seinem Kurs fest und schließt Neuverhandlungen aus. In einem Interview mit der ZEIT sagte er: „Wir haben einen Mindestlohntarifvertrag, der alle rechtlichen Voraussetzungen erfüllt. An dem wird nicht gerüttelt.“ Durch den Mindestlohn, so der Gewerkschafter weiter, werde nur „umgesetzt, was das Postgesetz vorschreibt: dass die Einkommens- und Arbeitsbedingungen bei der Lizenzvergabe an private Wettbewerber berücksichtigt werden sollen. Der Wettbewerb sollte über Qualität und nicht über Lohndrückerei ausgetragen werden.“
Kritik übt Bsirske an den Plänen der Koalition für einen Erwerbstätigen- und einen Kinderzuschuss. „Es ist falsch, wenn der Staat Armutslöhne subventioniert. Ob über das Arbeitslosengeld II, über Zuschüsse oder ermäßigte Sozialbeiträge“, sagt der ver.di-Vorsitzende. Bei allen diesen Modellen subventionierten die Beschäftigten nur mit ihren Steuern oder Sozialabgaben die Hungerlöhne ihrer Konkurrenz. Solche Pläne fände er „irre“.
Auch in der schwarz-roten Koalition ist man sich uneins. In Meseberg hatte die Union der Einführung eines Post-Mindestlohns zum 1. Januar 2008 noch zugestimmt. Dafür hatte die SPD ihren Widerstand gegen den Wegfall des Briefmonopols aufgegeben. Das Bundeskabinett stimmte dem Gesetzentwurf zur Erweiterung des Entsendegesetzes um Briefdienste schließlich zu (posttip.de berichtete).
Aktuell rudern auch die CDU-regierten Länder Hessen und Niedersachsen zurück. Beide Bundesländer wollten Anträge in den Bundesratsausschuss für Arbeit und Soziales einbringen, die der Länderkammer empfehlen, die Aufnahme der Briefdienste in das so genannte Entsendegesetz abzulehnen. Nun distanzieren sie sich einem Bericht von ZDF.de zufolge von den Anträgen. Der in den Medien erwähnte Antrag an die Länderkammer, der Erweiterung nicht zuzustimmen, werde nicht gestellt, so ein Sprecher des hessischen Wirtschaftsministeriums. Ein Grund für den Rückzieher wurde nicht genannt.