Das Gerichtsurteil vom Freitag sorgt in der großen Koalition für neuen Streit über den Post-Mindestlohn. Das Berliner Verwaltungsgericht hatte die Ausweitung des Entsendegesetzes auf die Postbranche für rechtswidrig erklärt (posttip.de berichtete).
Das Bundesarbeitsministerium legte bereits Berufung ein, berichtet die tageszeitung (taz). "Die Verordnung bleibt weiterhin in Kraft", sagte die Sprecherin des Ministeriums der Zeitung. Der Postexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Klaus Barthel, erklärte, er könne sich "nicht vorstellen, dass das Urteil Bestand hat". Deshalb sei es richtig, dass der Arbeitsminister eine schnelle Prüfung durch höhere Instanzen anstrebe.
Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hält das Urteil für falsch. DGB-Chef Michael Sommer forderte laut "Financial Times Deutschland" (FTD) die große Koalition auf, ihren politischen Willen durchzusetzen und Existenz sichernde Mindestlöhne zu schaffen, auch wenn das Urteil Bestand haben sollte. Das ist nach Aussage des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesarbeitsministerium, Klaus Brandner (SPD), auch möglich. Der Gesetzgeber sei "mit Sicherheit befugt, Entscheidungen zu treffen, wenn mehrere Tarifverträge vorliegen". Es könne nicht sein, dass "am Schluss nur die Tarifverträge als Mindestlohn-Tarifvertrag gelten können, in denen der niedrigste Lohn vereinbart ist."
Im Bundeswirtschaftsministerium freute man sich dagegen über das Urteil. Es zeige, "dass Mauscheleien vor Gericht keinen Bestand haben", wird Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) von der FTD zitiert. Das Urteil sei "ein Sieg für den Wettbewerb". Ähnlich äußerten sich die FDP- Abgeordneten Heinrich Kolb und Gudrun Kopp: Das Verwaltungsgericht habe dem Bestreben Scholz', die deutsche Wirtschaft möglichst flächendeckend mit Mindestlöhnen zu überziehen, "deutliche Grenzen" gesetzt. Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Dieter Hundt forderte in der "Bild am Sonntag", die Regierung solle auf eine Berufung verzichten.