Der Axel-Springer-Verlag bereitet die Insolvenz des Briefdienstleisters PIN Group vor. Noch vor Weihnachten werde das Unternehmen abgewickelt, berichtet die Financial Times Deutschland (FTD) unter Berufung auf "Gesellschafterkreise". Hauptursache seien hausgemachte Probleme: Das Unternehmen habe es nicht geschafft, ein wirtschaftlich und logistisch funktionierendes bundesweites Postzustellnetz aufzubauen.
Der Vorstandschef der Axel Springer AG, Mathias Döpfner, schiebt die Schuld an der Pleite allein dem Mindestlohn für Briefzusteller zu, auf den sich die Regierungsparteien in Berlin geeinigt haben. Über den Mindestlohn, der über die Aufnahme der Briefdienste in das Arbeitnehmerentsendegesetz geregelt werden soll, wird am Freitag der Bundestag entscheiden. Am 20. Dezember geht die Gesetzesänderung in den Bundesrat. Eine Zustimmung in beiden Kammern gilt als sicher. Döpfner will sofort nach dieser Entscheidung die Gesamtinsolvenz für PIN anmelden.
Die PIN Group beschäftigt nach eigenen Angaben 9.000 Mitarbeiter und hatte vergangene Woche angekündigt, 880 von ihnen zu entlassen. Die Briefzustellung sollten dann Zeitungszusteller übernehmen, die nicht dem Mindestlohn unterliegen, erklärte die PIN gegenüber der FTD. "Das wäre ein bizarrer Vorgang, wenn sich das so bestätigen würde", sagte ein Sprecher des Arbeitsministeriums. Eine Springer-Sprecherin versicherte daraufhin, dass für ihren Verlag eine solche "Umgehung des Mindestlohns nicht infrage kommt".
Internen Informationen zufolge sei bereits der Ankauf durch die Springer AG als risikoreiches Geschäft bewertet worden. Gut eine halbe Milliarde Euro ließ sich Springer seine Anteile an der PIN Group im Sommer dieses Jahres kosten. Die Stimmung unter den Aktionären sei jedenfalls auf dem Nullpunkt, so die FTD weiter. Döpfner solle nur noch verhindern, dass "die kranke Pin den gesamten Konzern infiziert", hieß es. Auch von den anderen Gesellschaftern – West Mail, Rosalia, Holtzbrinck, WAZ-Gruppe und Madsack - sei keiner bereit, "dem schlechten Geld gutes Geld hinterher zu werfen".
Nun rechnet der Konzern damit, wegen der PIN rund 600 Mio. Euro abschreiben zu müssen. Die PIN rechnet für 2007 mit einem Verlust von bis zu 55 Mio. Euro und habe keine finanziellen Reserven mehr. Es fehlten derzeit bis zu 15 Mio. Euro für laufende Ausgaben wie etwa Löhne, hieß es weiter. Bereits in dieser Woche könnten einige Tochterfirmen der PIN in die Insolvenz gehen. Andere, die wie in Berlin oder Hannover noch kostendeckend arbeiten können, sollten einzeln verkauft werden.