Die voraussichtliche Verschiebung der europäischen und deutschen Postmarktöffnung hat bei den Branchenverbänden für Empörung gesorgt. Das Aktionsforum "Mehr Farbe im Postmarkt" warf der SPD vor, mit ihrer ablehnenden Haltung "Tausende von Arbeitsplätzen zu gefährden und getätigte Investitionen zunichte zu machen". Der Vorstand des Deutschen Verbandes für Post, Informationstechnologie und Telekommunikation e.V. (DVPT), Elmar Müller, erklärte, eine Verlängerung des Postmonopols werde "großen Schaden am Vertrauen in die Wirtschaftpolitik anrichten."
Die Wettbewerber der Deutschen Post AG haben sich nach eigenen Angaben darauf eingestellt, 2008 der DP AG endlich auch im Bereich der Briefe bis 50 Gramm Konkurrenz machen zu dürfen. Bisher geht das nur über besondere Zusatzleistungen oder im Bereich der förmlichen Zustellung. Die alternativen Postdienstleister haben nach Angaben des Aktionsforums in den vergangenen Jahren massiv in den Aufbau flächendeckender Zustellnetze investiert und mehr als 42.000 Arbeitsplätze geschaffen.
Der zentrale Vorwurf lautet, vor allem die SPD betreibe eine einseitig auf das Wohl der DP AG ausgerichtete Politik. Aus Verbrauchersicht bestehe kein Anlass dazu, in Deutschland nicht an dem bereits beschlossenen Auslaufen des Briefmonopols zum 31.12.2007 festzuhalten. DVPT-Vorstand Müller zeigte sich "überrascht" von den Argumenten für einen "EU-Gleichschritt". Eine solche Vorgehensweise habe es nie gegeben. Vielmehr habe es Deutschlands Vorreiterrolle in den Postreformen der DP AG ermöglicht, in mehr als zehn Jahren einen Vorsprung vor anderen EU-Ländern zu gewinnen, so Müller.
Der DVPT wies darauf hin, Großbritannien, Schweden, Estland und Finnland haben ihre Postmärkte bereits vollständig liberalisiert, die Niederlande werden zum 1. Januar 2008 folgen. Zieht Deutschland mit, sei der Postmarkt bereits für 60 Prozent der EU-Bürger liberalisiert. Er sieht die Wettbewerbsnachteile eher bei den "Bremsern" Frankreich und Italien. Auch der Sprecher des Aktionsforums, Dr. Bernd Jäger, sieht für Deutschland "nur mit einem liberalisierten Postmarkt die Chance, aufgrund seiner geographischen Lage zur Drehscheibe europäischer Postdienste zu werden."