Neuer Briefdiensteverband macht mobil 

Der neue Arbeitgeberverband "Neue Brief- und Zustelldienste e.V." (NBZ) hat auf einer Pressekonferenz die Eckpunkte seiner Arbeit vorgestellt. In erster Linie setzt der Verband auf Lobbyarbeit, verschließt sich nach eigenen Angaben auch Gesprächen mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di nicht. Dabei drängt die Zeit, denn die Aufnahme der Briefzusteller in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz, welche der Verband ablehnt, wurde vom Bundeskabinett bereits beschlossen (posttip.de berichtete).

In erster Linie geht es dem neuen Verband darum, einen aus seiner Sicht überhöhten Mindestlohn in der Postbranche abzuwehren. Der von ver.di mit dem Arbeitgeberverband Postdienste ausgehandelte Branchen-Mindestlohn von 9-9,80 Euro/Stunde sei nicht "realistisch" und vernichte Arbeitsplätze, erklärte der Präsident des NBZ, Florian Gerster. Der Arbeitgeberverband Postdienste wird von der Deutschen Post AG (DP AG) dominiert, die nach Einschätzung Gersters mit dem überhöhten Stundenlohn, den nur sie als Noch-Monopolist zahlen könne, den Wettbewerb auf dem Briefmarkt verhindern wolle.

Dabei nannte Gerster eine Marke von 6 Euro bis 7,50 Euro Stundenlohn als Mindestvergütung machbar. "Darüber sind wir bereit, mit der Politik und anderen Beteiligten zu sprechen", versicherte er. Bei den größten Konkurrenten der DP AG auf dem deutschen Briefmarkt, der TNT und der PIN AG, würden schon jetzt Löhne über 7,50 Euro/Stunde gezahlt, sagten der Vorstandsvorsitzende der TNT, Mario Frusch und Karsten Böhrs, der Vorstand für Logistik und Vertrieb bei der PIN AG, die als Mitglieder des NBZ ebenfalls auf dem Podium saßen. Sie wiesen auch darauf hin, ihre gesamte Belegschaft sozialversicherungspflichtig beschäftigen zu wollen. Schließlich müssten die Mitarbeiter zufrieden und motiviert sein, um die erforderliche Qualität und Kundenfreundlichkeit zu gewährleisten, führte Frusch zur Begründung aus.

Wie viele und welche Unternehmen dem neuen Verband beigetreten sind, dazu wollte das Podium keine genauen Angaben machen. Man bestand aber darauf, insgesamt mehr als die Hälfte der im Briefbereich tätigen Menschen zu beschäftigen: 217.000 Menschen seien in den Mitgliedsunternehmen direkt oder indirekt mit der Briefzustellung befasst. Dies ist wichtig, wenn das Entsendegesetz für Briefzusteller tatsächlich kommt. Dann wird derjenige Tarifvertrag für allgemeingültig erklärt, der für mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer in der Branche gilt.

Es sind aber nur 50.000 "hauptamtliche" Briefzusteller darunter, der Rest sind Zeitungszusteller oder andere Angestellte im Speditionsbereich, die nur "nebenamtlich" in der Briefzustellung tätig sind. Diese wurden aber in der vom Bundeskabinett verabschiedeten Gesetzesvorlage ausdrücklich ausgenommen. Die Frage, wie viele Beschäftigte die NBZ-Mitglieder denn nun haben, wird damit zu einem politischen Problem. Ohne Zeitungszusteller können sie die 50-Prozent-Marke nicht knacken.

Auch ist verdi bisher nicht zu neuen Verhandlungen bereit, denn die Gewerkschaft will an dem Tarifabschluss mit dem Arbeitgeberverband Postdienste festhalten. "Wir gehen davon aus, dass der ausgehandelte Tarifvertrag zum 1. Januar 2008 für die gesamte Briefbranche gilt“, teilte Bundesvorstandsmitglied Andrea Kocsis erst vor wenigen Tagen der Presse mit.

Solange der NBZ aber keinen verhandlungsbereiten Tarifpartner vorweisen kann, bleibt nur die Lobbyarbeit in Berlin und Brüssel, um den Post-Mindestlohn noch zu stoppen. Dazu hat der NBZ sicherlich den richtigen Mann als Präsidenten gewonnen: Er werde schon bald bei der EU, aber auch bei Bundesarbeitsminister Franz Müntefering vorstellig werden, kündigte Gerster an.