Bundeswirtschaftsminister Michael Glos hat das Ziel einer EU-weiten Öffnung der Postmärkte bis 2009 aufgegeben. Wie die Financial Times Deutschland (FTD) berichtet, hatte es zuvor einen heftigen Streit mit Frankreich gegeben. Ein Kompromiss sei noch nicht in Sicht.
Nach dem Treffen des EU-Ministerrates für Verkehr, Telekommunikation und Energie sagte Glos der FTD, er könne sich vorstellen, "dass Staaten mit den entsprechenden unterschiedlichen Voraussetzungen zu einem festen, auch zum Teil unterschiedlichen Datum ihre Märkte öffnen und liberalisieren". Das entspricht weitgehend dem Stufenplan, den schon das EU-Parlament vorgeschlagen hatte. Die Europa-Abgeordneten beraten darüber in den kommenden Wochen.
Frankreichs Wirtschaftsminister Jean-Louis Borloo will erst klären, wie die postalische Grundversorgung in entlegenen Gebieten finanziert werden solle. "Wir lassen uns nicht auf ein Datum festlegen", bekräftigte er Frankreichs Wunsch nach einer eher unverbindlichen Lösung, wobei er unter anderem auch Italien auf seiner Seite weiß. Die Niederlande dagegen haben gerade einen Fall des Briefmonopols für 2008 beschlossen.
Glos sagte, er rechne damit, die EU werde bereits bald wichtige Streitfragen lösen, so dass es in der zweiten Jahreshälfte eine abschließende Entscheidung gebe. Der Plan, die EU-weite Postmarktöffnung noch unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft zu verabschieden, ist aber gescheitert. Wenn Deutschland dennoch den eigenen Markt 2009 öffnet, steht Ärger mit der Deutschen Post AG, aber auch innerhalb der großen Koalition ins Haus. Die DP AG befürchtet ebenso wie die Gewerkschaft ver.di Wettbewerbsnachteile, wenn Nachbarstaaten ihre Märkte erst deutlich später öffnen.
Das SPD-Präsidium hat laut FTD bereits beschlossen, es werde erst dann einer Freigabe des Briefmarktes zustimmen, wenn auch andere EU-Länder mitzögen. Die SPD fürchtet einen massiven Stellenabbau bei der Deutschen Post AG und einen Wettbewerb auf Kosten der Beschäftigten. Sie will deshalb die Postdienste in das "Arbeitnehmerentsendegesetz" aufnehmen, um so faire Mindestlöhne zu garantieren. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm erklärte dagegen, es gebe keine veränderte Position der Bundesregierung.