Das Europäische Parlament hat die neue Postrichtlinie verabschiedet und damit seine endgültige politische Zustimmung für die EU-Postreform gegeben. Demnach werden die Postmärkte der EU-Mitgliedsstaaten zum 1. Januar 2011 vollständig geöffnet.
Ursprünglich war von der EU-Kommission eine gemeinsame Marktöffnung zum 1. Januar 2009 vorgesehen (posttip.de berichtete). Damit konnte sie sich aber nicht durchsetzen. Auch bei der jetzt beschlossenen Regelung gibt es Ausnahmen für einzelne Mitgliedsstaaten. Kleine, neue und Mitgliedstaaten mit vielen Inseln bekommen eine zusätzliche Übergangszeit von zwei Jahren eingeräumt. Davon profitieren die Tschechische Republik, Griechenland, Zypern, Lettland, Litauen, Luxemburg, Ungarn, Malta, Polen, Rumänien sowie die Slowakei. Sie müssen ihre Postmärkte erst ab dem 1. Januar 2013 öffnen.
Doch diejenigen Postdienstleister, deren "Heimatmarkt" noch nicht liberalisiert ist, erhalten keinen Zugang zu bereits vollständig geöffneten Märkten. Damit reagierte der EU-Gesetzgeber auf Befürchtungen, bei einer ungleichzeitigen Öffnung der Märkte werde es zu Wettbewerbsverzerrungen kommen. Für die Regulierung der Beschäftigungsbedingungen bleiben die Mitgliedsstaaten zuständig.
Die Richtlinie sieht einen "Universaldienst" vor, der die flächendeckende Versorgung der EU-Bürger mit preiswerten und zuverlässigen Postdienstleistungen garantiert. An mindestens fünf Arbeitstagen pro Woche müssen Briefe und Pakete abgeholt und zugestellt werden, sofern "keine besonderen Umstände oder außergewöhnlichen geografischen Gegebenheiten vorliegen". Darüber hinaus müssen genügend Zugangspunkte eingerichtet werden, die den Bedürfnissen der Nutzer in ländlichen und dünn besiedelten Gebieten Rechnung tragen.
Die Tarife für die einzelnen Universaldienstleistungen müssen "erschwinglich, transparent und nicht diskriminierend" sein. Die Preise sollen "kostenorientiert" kalkuliert werden. Für Blinde und Sehbehinderte können die Mitgliedstaaten kostenlose Postdienstleistungen aufrechterhalten oder einführen. Wenn es aus Gründen des öffentlichen Interesses erforderlich ist, können die Mitgliedstaaten einen Einheitstarif anwenden.
Die Mitgliedstaaten können ein oder mehrere Unternehmen als Universaldiensteanbieter benennen. Zur Finanzierung der flächendeckenden Versorgung sind drei Möglichkeiten vorgesehen: öffentliche Ausschreibungen, öffentliche Ausgleichszahlungen sowie die Einrichtung eines Ausgleichsfonds. Führen die Universaldienstverpflichtungen zu Nettokosten und stellen eine "unverhältnismäßige finanzielle Belastung" für den Diensteanbieter dar, kann das betroffene Unternehmen mit öffentlichen Mitteln entschädigt werden. Eine andere Möglichkeit ist ein Ausgleichsfonds, in den Beiträge der Diensteanbietern und/oder der Nutzer fließen.
Abgestimmt wurde über ein Kompromisspapier, das auf der Basis der Kommissionsvorschläge vom Oktober 2006 und einer Stellungnahme des Ministerrates erarbeitet wurde (posttip.de berichtete). Da das Parlament keine Änderungen vorgenommen hat, ist das Gesetzgebungsverfahren damit abgeschlossen.